BARFen

Das Leben von Wölfen war und ist hart und enorm belastend. Hunger und dauernde körperliche Bewegung unterbrochen von langen Hetzjagden führen in günstigem Fall zu einem 2-3 wöchentlichen Jagderfolg. Je nach Rudelposition bleibt dem einzelnen Wolf meistens nur ein kärgliches, wohl sehr unausgeglichenes Menü, meistens gerade soviel, dass er überlebt. Die Verdauung variiert ständig in Abhängigkeit von dem aufgenommenem Futter zwischen hart (Knochen) und stark durchfällig (reines Fleisch). Dazu kommen ungünstige Witterungsbedingungen und eine anstrengende Aufzucht der Jungen.
Man kann sich vorstellen, dass diese Situation eine eiweißhaltige Ration nicht nur verträgt sondern erfordert, da ständig hohe Leistungsanforderungen an den Körper gestellt werden und zudem durch den meist mageren Futterzustand einem ständigen Muskelabbau entgegen gewirkt werden muss. Gemüse und Getreide werden nur in Form von Beutetiere nämlich als Mageninhalt und damit vorverdaut aufgenommen. Dies ist ein wichtiger Aspekt. Beides! ist für Wölfe und Nachfahren vom Verdauungstrakt nur in vorverdautem Zustand wirklich verdaulich. Auch die viel zitierten Beeren und Kräuter, die ein Wolf zu sich nimmt, werden realistisch gesehen nur zu einem geringen Anteil verwertet. Die Lebenssituation eines Wolfes ist wohl kaum noch mit der unserer Hunde zu vergleichen. Körperlich werden die meisten unserer Hunde in keinster Weise mit dem Wolf vergleichbar gefordert. Selbst ausreichend Bewegung, 'normales' Training oder sogar Arbeits- bzw. Diensteinsatz erreichen nicht das Ausmass der Strapazen, die ein Wolf in unsicheren Lebensumständen aushalten muss. Die Domestikation fordert ihr Recht - und vergessen wir nicht - das ist auch so gewollt. Sie sollen immer schön brav, ruhig und entsprechend der gerade geltenden Hundeverordnung gut erzogen sein. An Verdauung und Haarkleid werden die höchsten Ansprüche gestellt und es mangelt den meisten Hunden an nichts mehr, im Gegenteil, wir schlagen uns mit Übergewicht, Diabetes und Allergien herum, die häufig auf ein Zuviel an Futter und Pflege zurückzuführen sind. Darum ist der Nährstoffbedarf eines Hundes wirklich nicht mehr mit dem eines Wolfes zu vergleichen - selbst bei ganz natürlicher Fütterung nicht. Auch aus der menschlichen Ernährung ist hinlänglich bekannt, dass sich mit geringerer körperlicher Betätigung, der Nährstoffbedarf senkt und verändert abhängig zudem von der jeweiligen Lebenssituation. So auch im Fall von Wolf und Hund.
In der Praxis erleben wir Tag für Tag, dass Rohproteingehalte, die einer Wolfsration entsprechen könnten, beim Hund insbesondere in Form von Trockenfertigfutter erhebliche Schäden anrichten können. Stoffwechselprobleme, Wachstumsstörungen und Eiweißallergien sind mittlerweile nicht mehr selten.
Darum hat sich insbesondere in den letzten Jahren auch der Trend von Eiweiß in Richtung Kohlenhydrat entwickelt und dies mit erheblichem Erfolg und wirklich zum Wohle des Hundes. Wölfe haben aufgrund ihrer Konstitution und ihrer Lebenssituation einen ganz anderen Nährstoffbedarf insbesondere was die Höhe des Eiweiß- und Fettanteils in der Ration entspricht als Hunde. Darum sollte man weder die Ernährungsgewohnheiten noch die Nährstoffzusammensetzungen 1:1 auf den Hund übertragen.
Für alle, die gerne erfolgreich und konsequent BARFen möchten oder die sich einen freien Blick auf verschiedene Lösungsmöglichkeiten für die Fütterung ihres Hundes erhalten wollen, hier einige Gedanken rund um das Thema 'BARFen'.
Der Begriff BARFen wird häufig mit 'biologisch-artgerechte-Rohkostfütterung ' übersetzt, steht aber im ursprünglichen Sinne für 'bone and raw food' (Knochen und rohes Futter). War BARFen in den Neunziger Jahren noch eher eine sehr attackierte Fütterungsweise, scheint mittlerweile in Deutschland ein echtes BARF-Fieber ausgebrochen zu sein. BARFen ist trendy und wie bei jedem Trend gibt es mittlerweile auch unzählige Trittbrettfahrer, die als selbsternannte Fachleute mit laienhaften Ratschlägen und Fütterungstipps um sich werfen, ohne dem eigentlichen Grundgedanken einer natürlichen und gesunden Rohfütterung treu zu bleiben. Dieser Trend geht sogar soweit, dass die Futtermittelindustrie, selbstredend in Angst vor Kundenschwund, mittlerweile auf den Zug aufgesprungen ist und sogenannte BARFER-Kroketten anbietet. Fertigfutter im BARF-Gewand, ein Widerspruch in sich, der aber von vielen Hundebesitzern aus Mangel an Information gar nicht mehr wahrgenommen wird. Auch der zum Teil irrational hohe Anteil an zugefütterten Zusatzpräparaten scheint weniger eine konsequente als eine ängstliche Reaktion zu sein. 'Mutter Natur' wird nur dann vertraut, wenn es gerade argumentativ gut passt und im Angesicht chemischer Zusatzstoffe in Form von Calciumpräparaten, Vitaminzusätze oder anderen Nährstoffquellen wie Banane, Yucca Schidigera, Präbiotica, Spirulina und Co. drückt man gerne mal ein Auge zu, wenn man damit sein Gewissen beruhigen kann. Dies klingt sicher hart, ist aber notwendig, schliesslich geht es hier um nicht weniger als die Gesundheit unserer Hunde.
Grundprinzip des BARFens ist die ausschließliche Verwendung von roher Kost, die für den Hund als optimal angesehen wird. Etwaige Nährstoffverluste durch Verarbeitung oder Kochen sollen vermieden und so die Basis einer artgerechten Fütterung im Sinne von 'Mutter Natur' geschaffen werden. Gefüttert werden darf rohes Fleisch auch in Form von rohen Futtertieren wie Küken, Kaninchen oder Fische, Milchprodukte, Pflanzenöle, Knochen, Kräuter und zum Teil auch ein kleinerer Anteil an Getreide. Das Gesamtnährstoffverhältnis ist durch den hohen Fleischanteil und den häufig kompletten Verzicht auf Getreide in der Regel eindeutig eiweißdominant. Neue Trends, den Fettgehalt der Ration stark anzuheben, damit der relative Anteil an Rohprotein in der Ration gesenkt wird, geht eindeutig zu Lasten der Leber und des Fettstoffwechsels und ist ebenfalls kritisch zu sehen.
Laut Dr. M. Bucksch (hundkatzepferd01/09) kann rohes Fleisch Parasiten (Ascariidae, Taenia, Trichinella spiralis, Echinococcus, Toxoplasma goni etc.), Viren (Aujeszky-Virus in rohem Schweinefleisch - auch wenn die Aujeszkysche Krankheit in Deutschland schon seit Jahren nicht mehr aufgetreten ist, so gibt es durchaus im angrenzenden Ausland immer wieder auftretende Fälle) sowie eine Reihe von Keimen (Bacillus athracis, Campylobacter jejuni, Escheria coli etc.), auf Hund und Herrchen / Frauchen übertragen. Obwohl von vielen BARFern immer wieder argumentiert wird, dass der Säuregehalt des Magensaftes beim Hund die meisten Bakterien unschädlich macht, kommt es in der Praxis z. B. vor, dass Hunde zu 'Ausscheidern' von Salmonellen werden, ohne selber Krankheitssymptome zu zeigen. Darum gilt: Nur höchste Qualität an Fleisch einsetzen und auf rohes Schweinefleisch komplett verzichten.
Zur Zahnpflege und als natürliche Calcium- und Mineralsoffquelle werden rohe Knochen angeboten. Darmperforationen durch splitternde und zu spitze Knochen sowie Verstopfungen können bei unsachgemäßer Verfütterung auftreten.
Darum gilt: Nur geeignete und /oder 'weiche' Knochen in angemessener Menge verfüttern.

"Der Wolf stand auch nicht am Weizenfeld und hat Ähren gefressen, darum kein Getreide bitte." Dieses Argument hört man leider in der letzten Zeit sehr häufig, nicht nur von BARFern. Nein, hat er sicherlich nicht, aber Beutetiere schon, deren Mageninhalt vorverdautes Getreide und Gemüse enthielten.  Die Abneigung vieler BARFer gegen Getreide hat verschiedene Ursachen und basiert zu allererst einmal darauf, dass rohes Getreide eine geringe Verdaulichkeit für den Hundedarm zeigt. Entwicklungsgeschichtlich kein Wunder, da sowohl Getreide als auch übrigens das von BARFern sehr begehrte Gemüse, den Vorfahren des Hundes nur in vorverdauter Form, nämlich über den Magen- und Darminhalt der Beutetiere zugute kam. Das erklärt auch, warum Pflanzenöle in BARF-Rationen sehr häufig Anwendung finden und Getreide selbst nicht. Öle sind für den Hund roh in der Regel sehr gut verdaulich. Man macht sich hierdurch auf indirektem Wege doch einige der wichtigen Inhaltsstoffe von Getreide zunutze, so dass der Begriff "getreidefrei" im Grunde genommen nicht ganz korrekt ist. Das sollte man bei der neuerdings verbreiteten Diskussion um eine komplett getreidefreie Hundefütterung immer ebenfalls bedenken. Rohes Gemüse wird von BARFern sehr gerne gefüttert. Was dabei aber leider vergessen wird: genauso wie rohes Getreide für den Verdauungstrakt des Hundes kaum verdaulich ist, ist dies auch bei rohem Gemüse der Fall. Hier wird einfach vergessen, dass beides, Getreide und Gemüse, den Vorfahren des Hundes in vorverdauter Form offeriert wurden, nämlich als Mageninhalt der Beutetiere.
Vergleichen Sie nicht BARF-Rationen mit Trockenfutterzusammensetzungen. Für eine Rohkostfütterung gelten andere Spielregeln als für die Bereitstellung eines Trockenalleinfutters.
Der Erfolg eines natürlichen Fütterungskonzept erfordert jedoch immer:
1. Einsatz ausschliesslich von hochwertigen, artgerechten Futterkomponenten nach einer in sich schlüssigen Rezeptur und auf die Art der Zubereitung abgestimmt.
2. Freiheit von allen synthetischen Zusatzstoffen, exotischen Komponenten und im Labor hergestellten 'must haves', die gerade im Trend liegen
3. Konsequentes Vertrauen in die Natur zum Wohle des Hundes